Vom Partner zum Kollegen – Von der Paarbeziehung zum Arbeitsbündnis

Das „Kollegenmodell“ für getrennte Eltern

Dieses Modell soll Eltern helfen eine gute Kooperation zu entwickeln.

Speziell bei getrennten Eltern gibt es oft Schwierigkeiten, weil unklar ist, wo die Unterschiede zur Elternschaft im Rahmen einer Paarbeziehung liegen.

Aber auch für Eltern, die zusammen leben, stellt es eine Richtschnur dar, die sie dabei unterstützen kann, Eltern- und Paarebene zu trennen und Konflikte zu vermeiden.

 

Das Modell greift auf Erfahrungen aus der Arbeitswelt zurück und ist damit für die allermeisten Erwachsenen leicht umsetzbar.

 

Stellen Sie sich vor, sie betreiben gemeinsam eine Kindertagesstätte, einen Hort oder ein Jugendzentrum. Sie sind Kollegen und derjenige, der gerade Dienst hat, hat die alleinige Verantwortung dafür, dass bestimmte Standardanforderungen erfüllt werden. Es gibt Regeln, die Sie mit Ihrem Kollegen vereinbart haben, bspw. wann es Essen gibt, wann und wie die Hausaufgaben erledigt werden, wann man rausgeht, wo die Jacken hingehören, wo die Stifte sind und welche Informationen/Materialien zum Schichtwechsel weiter gegeben werden...

 

Gemeinsames Ziel ist das Wohl der Kinder, Ihrer Kunden.

 

Als Eltern treffen Sie Vereinbarungen, die diesem Ziel dienen sollen. Regelungen zum Umgang spare ich hier aus. Selbstverständlich müssen sich die Eltern auch hierüber verständigen.

 

Thema dieser Vereinbarungen (Standards) können sein

Medienzeiten, Ernährung, Schlaf,  Schulthemen, Besprechungstermine, Mediennutzung, Taschengeld…

In meiner Praxis treffen die Eltern oft auch darüber hinausgehende grundlegende Absprachen, die wir als "Verfassung" bezeichnen.

Beispiele:

Wie lange solle man warten, bis man das Kind mit einem neuen Partner bekannt macht?

 

Ist es angemessen, das Kind von Dritten (Großeltern, Familienmitlglieder, Freunde, Partner) betreuen zu lassen? Wie lange, wie oft sollte dies der Fall sein?

 

Wie oft telefoniert, appt, skypt das Kind, während es bei einem Elternteil ist, mit dem anderen Elternteil.

 

Zu welchen Veranstaltungen gehen beide Eltern (Schulfest, Kommunion, Sportveranstaltung) und wie halten sie es mit ihren neuen Partnern?

Diese Vereinbarungen sollen Eltern eine gemeinsam formulierte und verlässliche Basis für ihre Zusammenarbeit geben.

 

Mögliche Regeln für das Arbeitsbündnis:

 

Beide Kollegen sind dafür verantwortlich, dass die vereinbarten Standards erfüllt werden, darüber hinaus, hat jeder von beiden individuellen Spielraum, der vom anderen nicht kritisiert werden soll.

 

Die Qualifikation der Kollegen ist gleich und steht nicht zur Diskussion. (Als Mutter oder Vater ist man per se qualifiziert – von Ausnahmen, die das Wohl des Kindes gefährden, abgesehen)

 

Das Privatleben der Kollegen kann Thema sein, muss es aber nicht. Was der Kollege in seiner Freizeit macht, wofür er sein Geld ausgibt und wohin er mit wem in den Urlaub fährt, ist ganz allein seine Sache.

Gefühle die sich auf den anderen Elternteil als Expartner beziehen,  werden nicht mit dem Kollegen bearbeitet. Dafür ist jetzt jeder selbst zuständig.

 

Wenn man die Kinder in diesem Modell mit „Kunden“ gleichsetzt, dann ist klar, dass man den Kollegen nicht vor der Kundschaft schlecht macht und dass sich die Eltern nicht vor den Kindern streiten sollten.

Ebenso sollte man die Kunden nicht über Kollegen„ausfragen“ oder als Boten oder Vermittler „beauftragen“.

 

Es ist eigentlich selbstverständlich, dass Kollegen ausnahmsweise für einander einspringen, wenn einer von beiden verhindert oder krank ist. Die Regel sollte es aber nicht werden, denn jeder ist selbst dafür verantwortlich, dass er in der Lage ist, seine Aufgaben zu erfüllen und beide haben Interesse an einem überschaubaren "Dienstplan".

 

Beschwerden der Kunden: Sollte man ernst nehmen und im Gespräch mit dem Kollegen ansprechen. Allerdings sollte man nicht vorschnell Partei nehmen und sich gegen den anderen Elternteil positionieren. Dies würde den Kindern Macht und Verantwortung in einem Ausmaß aufbürden, dem sie nicht gewachsen sind. Besser ist es, auf direkte Gespräche zwischen Kind und Elternteil hinzuwirken und nur dann, wenn beide Parteien einverstanden sind, selbst Stellung zu nehmen. Im Zweifelsfall kann man beispielsweise auch eine dritte Person als Moderator hinzubitten.

 

Abschließend möchte ich noch anmerken, dass kollegiale Beziehungen nur dann gut gelingen können, wenn die Beteiligten die Situation als gerecht empfinden und sich in ihren Bemühungen geschätzt fühlen. Dies drückt sich in ausgeglichener Verteilung von Arbeit und Anerkennung aus, in einer einigermaßen ausgeglichenen materiellen Situation und in der wechselseitigen Anerkennung als kompetenter und wohlmeinender Elternteil.

Dieses Modell deckt natürlich nicht alle Facetten der gemeinsamen Elternschaft ab. Ich freue mich, wenn es als Gesprächsgrundlage zu eigenen Überlegungen und Ausgestaltungen anregen kann und Eltern dabei unterstützt, Konflikte zu vermeiden und  so zu einer Zusammenarbeit und einer Umgangsweise zu finden, die ihnen selbst und ihren Kindern gut tut.

 

 

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