Getrennt leben – gemeinsam erziehen : Das Kollegen-Modell

Ich möchte Ihnen an dieser Stelle einige Gedanken zur Beratung von getrennt lebenden Eltern vorstellen. Ich habe Sie in der Arbeit mit zahlreichen Familien entwickelt.

Wenn Partner sich trennen und das gemeinsame Sorgerecht ausüben wollen, brauchen Sie neue Bilder und Konzepte für ihre Beziehung. Sie haben die  Funktion gedankliche Klarheit und Orientierung zu geben. Mit der Trennung des Paares werden die Grenzen innerhalb des Familiensystems neu gezogen. Konkret heißt dies, dass nicht mehr die persönliche Beziehung zum Partner im Mittelpunkt steht, sondern die gemeinsamen Aufgaben das Miteinander strukturieren. Es geht um Kooperation.

Es ist wichtig, hierfür eine tragfähige Basis zu entwickeln, um Eltern wie Kindern Orientierung zu geben und die ohnehin schon anspruchsvolle Aufgabe nicht weiter zu komplizieren. In meiner Praxis hat sich das Modell einer kollegialen Beziehung bewährt. Sie soll verdeutlichen, dass zwei Menschen gleicher Qualifikation bei oft unterschiedlichem zeitlichem Engagement in einem klar zu definierenden Feld zusammen arbeiten.

Ziel ist eine Sachorientierung in der Kooperation der Erwachsenen. Selbstverständlich haben die Beteiligten auch Gefühle, für deren Bewältigung sind sie allerdings nicht mehr gemeinsam zuständig, sondern jeder für sich. Basis einer Kooperation ist die Definition von Aufgaben, Standards und Verantwortung. Da die meisten Erwachsenen berufstätig sind oder waren, können Sie an Erfahrungen aus diesem Bereich anknüpfen, um sich beispielsweise darüber zu verständigen, was kollegiales Verhalten ist und wo die Grenzen zum Privatleben verlaufen.

„Kerngeschäft“ ist die Fürsorge für ihre gemeinsamen Kinder. Wie die Erwachsenen dies im Detail ausgestalten ist ihre persönliche Angelegenheit. Es wurde wissenschaftlich bestätigt, dass ein kooperativer und zugewandter Umgang zwischen den Eltern und den Kindern gegenüber die Belastung der Kinder durch die Trennung reduziert.  Längsschnittstudien haben gezeigt, dass Scheidungen unter diesen Bedingungen keine schädigenden Auswirkungen auf die persönliche Entwicklung der Kinder haben. Dies wurde anhand von Vergleichsgruppen aus Familien ermittelt, in denen beide Eltern mit den Kindern zusammen leben.

Eine klare Trennung der Ebenen (Expartner, Eltern) bedeutet auch, dass die Kinder in ihrer Entwicklung nicht durch Loyalitätskonflikte belastet werden. Kinder haben die Tendenz sich für die Sorgen und Nöte ihrer Eltern nicht nur zuständig, sondern auch schuldig zu fühlen. Sie brauchen Raum, um ihre eigenen Bedürfnisse wahrnehmen und formulieren zu können. Wichtig ist es, das sie ihre Eltern als zuverlässige, zugewandte und präsente Erwachsene erleben. Erwachsen heißt in diesem Zusammenhang auch, dass eine klare Abgrenzung zur Beziehung der Eltern möglich ist. Um wieder ein Bild aus der Arbeitswelt zu wählen: Es ist ein No-Go, wenn sich Kollegen vor den Kunden streiten, einander schlecht machen oder sich verweigern und auf die Zuständigkeit des anderen verweisen.

In der Beratung getrennt lebender aber gemeinsam erziehender Eltern gilt es unter anderem folgende Themen zu besprechen:

Was brauchen unsere Kinder von uns?

Wie sind wir stets erreichbar für sie?

Wie decken wir mögliche Ausfälle ab?

Wie kann eine gute kollegiale Beziehung zwischen uns aussehen?

Was brauchen wir, um unsere Aufgaben gut erfüllen zu können?

Welche Aufgaben gilt es zu erledigen?

Wie gestalten wir die Übergaben?

Wer macht was und wann?

Wer ist für was verantwortlich ?

Wie ist das zeitliche Engagement verteilt?

Wie sind die finanziellen Belastungen verteilt?

Wer hat wann frei?

Wie können wir gut und effektiv kommunizieren? (Meetings)

Wie planen und koordinieren wir unsere Arbeit?

Wie flexibel sind wir in unserem Engagement?

Inwieweit sind wir bereit, füreinander einzuspringen und wie gleichen wir das wieder aus?

Wie grenzen wir unsere Kompetenzbereiche ab?

Diese Metapher soll als Grundlage für eine fruchtbare Diskussion zwischen den Eltern dienen. Der Aspekt der Versachlichung bezieht sich natürlich nicht auf das Verhältnis zu den Kindern und nicht auf die Bewältigung ihrer Trennung. Er ist auch nicht in Reinform zu verwirklichen, kann allerdings gerade in unklaren oder schwierigen Situationen Orientierung bieten.

Ziel der Trennugsberatung ist es, Sie dabei zu unterstützen, ein tragfähiges Modell zu finden. Wichtig ist dabei nicht nur das „Was“, sondern auch das „Wie“. Es gilt gemeinsam Kompetenz im Umgang mit neuen, unerwarteten Anforderungen zu entwickeln, die es sich situationsgerecht, respektvoll und verantwortlich zu verständigen und zu verhalten.

Schuldgefühle, wechselseitige Vorwürfe und unklare Anforderungen beeinträchtigen die Erziehungskompetenz der Eltern. Kinder brauchen nicht nur Eltern, die für sie sorgen, sondern auch das Vertrauen darauf, dass diese gut für sich selbst sorgen können.

© Antje Biehler-Eckardt

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